Beleuchtung

Keramikschälchen lassen sich in Südwestdeutschland erst ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts sicher in Städten und auf Burgen vom Ministerialen bis zum Grafen nachweisen. Zeitgleich lassen sich aus verschiedenen Herstellungsorten keramische Schaftleuchter anführen, die von den Burgen über die Städte bis in die Dörfer der Region für Licht sorgten. Die Buocher Feinware scheint diese Formen erst kurz vor 1300 aufgenommen zu haben. Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts treten außerdem vereinzelt drehbar gelagerte Eisenpfannen unterschiedlichster Form auf Burgen auf. Gläserne Öllampen, zunächst in Beutelform ab dem 13. Jahrhundert in Trichterform, gehörten im hohen Mittelalter noch unmittelbar ins sakrale Umfeld.

Die Frage, ob Öl oder Talk in den Gefäßen brannte, kann nur anhand schriftlicher Quellen diskutiert werden, wobei der oft als selbstverständlich angesehene Talg nicht repräsentativ nachgewiesen werden konnte. Die Ölfrüchte, außer Flachs und Mohn, waren hierzulande allerdings sehr selten. Die Schriftquellen geben Hinweise, dass vielleicht nicht das Öl der Luxusgegenstand war sondern die Glaslampe.

Außerdem lässt sich die Verwendung von Wachs sehr gut historisch nachweisen. Schon im Hochmittelalter an den Oberrhein importiert, konnte es mit einem Docht aus Werg oder verzwirnten Schnüren zu Kerzen geformt werden, die auch herrschaftliche Gebäude erhellten. Die sechs aus profanem Kontext geborgenen Bronzeleuchter aus Baden-Württemberg stammen großteils von Burgen des Niederadels und der Ministerialität, könnten aber auch dort zu Altären und Kapellen gehört haben. Fackeln wurden ebenso wie Laternen vor allem schriftlich überliefert und scheinen primär für die Außenbeleuchtung gedient zu haben. Der Kienspan teilt dieses Schicksal und ist archäologisch bisher nicht greifbar. Selbst sichere Kienspanhalter fehlen bislang und für die Lichtstöcke steht eine genaue Datierung noch aus. Auch wenn dies bisher nicht stratigrafisch abgesichert ist, könnten kerbschnittverzierten Lichtstöcke noch eine Datierung in die Spätromanik erlauben.

Auch wenn Wachs und Öl gegenüber Talg/Unschlitt nicht zwingend häufiger gebraucht worden sein müssen, so scheinen sie in der Wahrnehmung der Menschen bedeutungs-geladener gewesen zu sein als das tierische Fett. Die Quellenlage berechtigt durchaus zu der Annahme, dass Brennstoffe generell teuer waren und, wenn künstliches Licht vorhanden war, gerne auf Öl und Wachs zurückgegriffen wurde.

Die wenigen, sicher nachweisbaren hochmittelalterlichen Beleuchtungsgeräte aus Baden-Württemberg lassen kaum eine soziale Differenzierung zu. Ausgenommen davon sind eiserne Hängelampen und Bronzeleuchter, die bisher nur von Burgen stammen. Zumindest Bronzeleuchter lassen sich in anderen Bundesländern auch im Siedlungskontext ausmachen.

Während aus archäologischer Sicht nahezu nichts über die Beleuchtung in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts gesagt werden kann, liegt für das späte 13. Jahrhundert eine große Diversität vor. Tatsächlich aber wird der Mensch dieser Tage, wenn immer möglich, das Tageslicht oder das Herdfeuer genutzt haben. Bedingt durch die Gefahren, die Feuer darstellte, ist nicht von einer ständigen Beleuchtung auszugehen. Leuchtet man das hohe Mittelalter mit verschiedenen Quellengattungen aus, muss man feststellen, dass es ohne Sonnen- und Mondlicht doch ziemlich dunkel war.

oben: Kienspanhalter nach Fund aus Regensburg.

oben: Laterne mit Hornscheiben nach einem Relief am Westportal der Kathedrale von Amiens (um 1220).


Literaturempfehlung:
Brenker, Fabian: Hochmittelalterliche Beleuchtungsformen im deutschen Südwesten. Ein interdisziplinärer Blick auf die profane Sachkultur des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 42, 2014, S. 159-202.

(FB)



Versuch mit verschiedenen Dochten für Talg
Auch wenn nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden kann, ob in den Keramikschälchen Talg oder Öl brannte, werden hier einige Dochtversuche mit Talg unternommen. Der über Schriftquellen überlieferte Werg als Docht, wird noch nachgereicht.

1) Eine einfache Hanfschnur mit 4mm einmal gewachst und einmal ungewachst: Der Docht brennt zuerst relativ gut, aber nach recht kurzer Zeit ist der Docht schon verbrannt und die Flamme erlischt.
Der gewachste Docht brennt nur etwas schneller an, verbrennt dann aber genau so schnell wie der ungewachste.

2) Einen Steifen Leinenstoff: Er brennt auch gut und vor allem schnell an, aber auch sehr schnell herunter, außerdem fällt der Stoffstreifen schnell in die Talgschale.

3) Locker miteinander verdrillte Leinenfäden: Sie brennen mit relativ kleiner Flamme. Sobald der Rand der Schale erreicht wird geht die Flamme fast aus.
Wenn die Fäden sich trennen wird die Flamme dagegen recht groß und der Docht verbrennt noch schneller.

4) Mit Bienenwachs verdrillte Leinenfäden (ca 5 Stück): Der Docht gibt zuerst eine schöne Flamme und die Fäden trennen sich auch nicht. Sobald der Rand erreicht ist geht die Flamme ebenfalls beinahe aus.

Hier die verschiedenen Dochte im Vergleich kurz nach dem anzünden
(von links: lose verdrillte Leinenfäden, Leinenstreifen, Hanfschnur mit und ohne Wachs, mit Wachs verdrillte Leinenfäden):




5) In Fingerloop-Technik geflochtenen Leinefäden: Dieser Docht brennt sehr schön. Am Rand ging die Flamme fast wieder aus, brannte aber in der Schale wieder weiter und hielt sich auch so. Der Aufwand erscheint aber doch relativ aufwendig nur um einen Docht herzustellen.
Deshalb wurden nochmals Leinenfäden mit Wachs leicht verdirllt (10 Stück). Die Flamme brennt nahezu genau so wie bei dem geflochtenen Docht. Selbige Methode sollte auch mit Werg funktionieren.


(SL)
 

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